Flashback: mein Konzertjahr 1973 (3)

13. April: zurück im Circus-Krone-Bau, wo an diesem Abend West, Bruce & Laing aufspielen. Ein Abend, auf den ich mich sehr gefreut und der große Erwartungen bei mir geweckt hatte. Denn nach der Auflösung von Cream und dem Tod von Jimi Hendrix war mein Bedarf für ein bluesbasiertes Power-Trio groß. Und mit West, Bruce & Laing schien es endlich wieder so etwas wie eine Super-Group in dieser Richtung zu geben. Mit Jack Bruce war sogar ein Cream-Mitglied mit von der Partie, ein toller Bassist und Songschreiber und auch ein hervorragender Sänger (als solcher meines Erachtens immer etwas unterschätzt). Und Leslie West imponierte mir seit seiner Zeit bei Mountain als versierter Bluesrock-Gitarrist und stimmgewaltiger Vokalist. Anfang 1972 (nach der Auflösung von Mountain) war die Gruppe gegründet worden. Ihr erstes, lang erwartetes und von ihrer Plattenfirma für damalige Verhältnisse ausgezeichnet bezahltes Album („Why Dontcha“) erschien im November 1972. Die Tour 1972-73 diente der Promotion dieses Albums.

Ein Blick auf die Setlist  des Abends zeigt zweierlei: Das Repertoire bestand neben Songs von dieser Platte vor allem aus Mountain-Klassikern (Roll Over Beethoven, Mississippi Queen) und zwei Cream-Titeln, die sie zum  Schluss des Konzerts spielten. Und: Da sich WB&L (im Gegensatz zur Cream) nicht auf ausschweifende Instrumentalimprovisationen kaprizierten, war das Konzert nicht besonders lang. Man könnte auch sagen: unverschämt kurz.

Jack Bruce und Leslie West im April 1973 (Konzert in Hamburg).
Foto: Heinrich Klaffs ( CC BY-NC-SA 2.0)

Die Musiker wirkten zudem eigenartig unbeteiligt. War das Routine? Hatten sie an diesem Tag einfach keine Lust? Oder waren es die Drogen? Es  war wohl Letzteres. Ich darf als Beleg hier ausnahmsweise Wikipedia anführen:

Der heftige Drogenmissbrauch wirkte sich auch auf ihre Auftritte aus und beeinflusste offenbar auch zeitweise ihren Tour-Kalender. Wie Corky Laing, der Drummer, früher ebenfalls bei Mountain, später sagen sollte:
‚[It was] a very, very dark time. New York meant coke, England meant heroin, because that’s where the best quality was. I had this Hayman drumkit made that was going to be shipped back to the States. This heroin connection of Jack’s said that her business connections would pay me $250,000 if they could ship heroin back in the drums. They were all metal so nobody would have noticed the extra weight.‘“ (Zitiert nach: Harry Shapiro: Jack Bruce: Composing Himself – The Authorised Biography, S. 162)

Die Cream-Songs waren jedenfalls an diesem Abend als solche kaum erkennbar. Das lag sicher auch daran, dass der Sound miserabel war, der Gesang mehr oder weniger unverständlich. Wer sich das antun mag, kann sich die Bootleg-Aufnahme dieses Konzerts anhören:  „Politician“ ab ca. 41:00, „Sunshine of Your Love“ ab 46:30. Klar, das ist eine Amateuraufnahme, wahrscheinlich mit einem Cassetten-Recorder gemacht. Aber sie gibt ganz gut wieder, wie dieses Konzert auch auf mich gewirkt hat. Da wurden zwei meiner absoluten Lieblingssongs ziemlich übel malträtiert. Nach gut einer Stunde (!!) war Schluss, es gab zwar noch eine Zugabe. Aber ich machte mich bitter enttäuscht auf den Heimweg. Es war mit Sicherheit eines der schlechtesten Konzerte, die ich bis dato je erlebt hatte – vor allem wenn man bedenkt, welche Spitzenmusiker auf der Bühne standen. (Jack Bruce erlebte ich ein paar Jahre später noch einmal live, in einer seiner jazz- und fusionorientierten Gruppen. Und da war er – glücklicherweise – tausendmal besser!)

Nächste Folge: Emerson, Lake & Palmer