NUEJAZZ 2023: Weltklasse auf AEG

Das NUEJAZZ-Festival konnte heuer sein zehnjähriges Bestehen feiern. Und mittlerweile hat es, was die Programmplanung angeht, anderen renommierten Festivals in Bayern wie dem in Burghausen längst den Rang abgelaufen, weil es immer wieder versteht, neue, junge, vielversprechende Musiker*innen zu präsentieren. Im Doppelkonzert mit Lakecia Benjamin und dem Gerald Clayton Trio klappte das jedenfalls ganz hervorragend.

Lakecia Benjamin, der „shooting star“ am Altsaxophon, enterte die Bühne im silberglänzenden Jumpsuit und legte los wie ein Wirbelsturm. Sie ist zweifellos eine Virtuosin auf ihrem Instrument, ihr Powerplay zeugt von den Wurzeln im Funk und Soul. Free Jazz-Eruptionen gehören ebenso zum Programm wie eine Rap-Einlage (das war allerdings so rasend schnell gerappt, dass ich wirklich so gut wie nichts davon verstanden habe). Und natürlich ist da auch eine tiefe Verbeugung vor dem Modernisten John Coltrane, der den Ton ihres Saxophons bestimmt: wohl nicht zufällig schloss Benjamin ihren Set mit einer komprimierten Version des Coltrane-Klassikers „A Love Supreme“. Lakecia Benjamin versteht es allerdings, diese disparat klingenden Versatzstücke so zu verschmelzen, dass dies klingt, als würden sie schon immer zusammenpassen. Verbunden mit ihrem deutlich politischen Anspruch ist das Jazz, der auch junge Menschen zu begeistern versteht. Really breathtaking!

Komplett anders, aber nicht minder begeisternd agierte dann das Gerald Clayton Trio: eher zurückgenommen, bescheiden, mit großer Gelassenheit wird da durch die Jazz-Geschichte improvisiert, mal schnell swingend, mal bluesig, mal kammermusikalisch an Bill Evans erinnernd. Und das ist ja auch kein Wunder, denn Gerald hat diese Geschichte schon genetisch aufgesaugt, sind doch Vater John und Onkel Jeff Clayton berühmte Big-Band-Jazzer und seine – niederländische – Mutter eine Konzertpianistin. Clayton hat u.a. in den Bands von Roy Hargrove und Charles Lloyd gespielt, was zeigt, wie geschätzt er bei seinen Kollegen ist. In Nürnberg trat er mit einem famosen Trio auf: mit Joe Sanders am Bass (toll sein Solo, das er singend begleitete!) und Jeff Ballard am Schlagzeug. Vor allem letzterer verdiente ein Sonderlob. Ich habe schon lange keinen Drummer mehr gesehen, der so nuanciert, differenziert und feinfühlig auf das Klavierspiel des Bandleaders reagiert hat. Ein sehr sympathisches Klavier-Trio der Extraklasse!

Fazit: Dieser NUEJAZZ-Abend bot gleich zweimal faszinierenden Jazz auf Weltklasse-Niveau. Und das auch noch zu einem wirklich bezahlbaren Eintrittspreis. Ich freue mich also schon jetzt auf die 11. Auflage des Festivals.

Edit: Ganz ähnlich sind die Eindrücke, die Christoph Giese in seiner Review für jazzwise.com schildert.

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