DIFU-Sammelband zur Förderung des Zu-Fuß-Gehens

In vielen Städten (immer noch den meisten?) fühlen sich die Fußgänger*innen buchstäblich an die Wand gedrängt: zu enge Fußwege, mit Kinderwagen oder Rollstuhl kaum passierbar, zur Hälfte (oder mehr) zugeparkt von Autos. Die Wege zu Ampeln oder Zebrastreifen sind (zu) lang, die Grünphasen (zu) kurz.  Das Gehen, immerhin die natürlichste Mobilitätsform des Menschen, galt in der Verkehrsplanung bis vor kurzem als ein Randthema (sic!). Glücklicherweise scheint sich dies allmählich zu ändern. Attraktive öffentliche Räume werden als Qualitätsmerkmal lebenswerter Städte wiederentdeckt. Und in solchen Räumen bewegt man und frau sich eben primär zu Fuß.

Der vorliegende difu-Sammelband beleuchtet das Zu-Fuß-Gehen aus unterschiedlichsten Perspektiven. Er gibt Anregungen, wie die Kommunen den Fußverkehr konsequent fördern können. Aktuelle wissenschaftliche Ergebnisse aus der Verkehrsforschung liefern gute Grundlagen für verkehrspolitische Diskussionen. Deutlich wird aber auch, wo es noch Defizite und Regelungsbedarf gibt. Auch mögliche Konflikte (so zwischen Rad- und Fußverkehr) werden nicht ausgespart. Klar wird, wenn man die Beiträge Revue passieren lässt, dass der Fußverkehr ein Querschnittsthema ist, das nicht nur bei der Verkehrsplanung berücksichtigt werden muss, sondern auch für Architektur, Städtebau und Grünplanung eine wichtige Rolle spielt.

Die Vielzahl der Beiträge (ganze 20 an der Zahl, kaum einer allerdings länger als zehn Seiten) und Autor*innen (insgesamt 32!) macht die Lektüre abwechslungsreich. Die Diversität der Themen geht allerdings auf Kosten der Systematik. Mir ist das vor allem bei den aufgeführten „gute Beispielen“ aus dem In- und Ausland aufgefallen. Natürlich werden Wien und Barcelona (mit einem Fußverkehrsanteil von fast 50 Prozent!) behandelt. Einen Artikel zu Kopenhagen, für die systematische Wiederbelebung des öffentlichen Raums immer noch ein Muster-Beispiel, sucht man allerdings vergeblich. Auch die holländischen Städte, die ja nicht nur in Sachen Radverkehrsplanung vorbildlich sind, kommen (mit der allerdings eher nicht repräsentativen Ausnahme Rotterdams) ebenso wenig vor wie das spanische Pontevedra. Und es sind doch gerade solche gelungenen Modelle, die Motivation für eigene (kommunal)politische Aktivitäten bieten.

Der – leider ziemlich teure – difu-Band, dank der vielen Fotos und Schaubilder sehr anschaulich und gut lesbar, bildet dennoch – vor allem gemeinsam mit dem von Heiner Monheim unlängst vorgelegten Buch „Wege zur Fußgängerstadt“ und dem ohnehin unverzichtbaren Werk „Städte für Menschen“ von Jan Gehl, die ich beide schon auf diesem Blog besprochen habe – eine gute Grundlage für eine kommunale Verkehrspolitik, die dem Gehen wieder den Stellenwert einräumt, den es verdient.

Uta Bauer (Hrsg.): So geht’s. Fußverkehr in Städten neu denken und umsetzen. Edition Difu Bd. 18, Berlin 2019, 239 Seiten

Ein Kommentar zu “DIFU-Sammelband zur Förderung des Zu-Fuß-Gehens

  1. Ich sehe durchaus auch Bedarf, Dörfer für Fußgänger zu gestalten. Leider haben wir oft weder Fuß- noch Radwege und Autofahrer Brettern oft schnell durch. Die Verbindung einzelner Ortsteile ist oft mangels ÖPNV gefährlich, falls kein Auto zur Verfügung steht, weil die Straßen schmal sind.

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